Verliebt ins Gutshausleben

Uwe Eichler über sein Leben als Projektmanager von Wasserschloss Quilow

Text und Fotos von Annika Kiehn, März 2022

Von Annika Kiehn

Raus aus Berlin, aufs Land, um dort einen Neuanfang zu starten – das war der Plan von Lehrer Dirk Lagall und des gelernten Schauspielers Uwe Eichler im Jahr 2014. Nach einem schicksalshaften Anruf mit der Stiftung Kultureber im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern kam auf die beiden Wahlberliner eine unerwartete Aufgabe zu, die das Ausmaß eines Lebenswerks bedeuten könnte: Für die Restaurierung des Wasserschlosses Quilow in der Nähe von Anklam, brauche es Bauherren, die die Arbeiten vor Ort begleiten würden. 

Als sie das erste Mal besichtigten, befand sich das 450 alte Herrenhaus im Stil der Renaissance in einem erbärmlichen Zustand. 30 Jahre lang hatte niemand mehr darin gewohnt. Mit der Unterstützung der Stiftung Kulturerbe haben sie getraut, dieses Mammutprojekt anzupacken.

Sechs Jahre später können sie gemeinsam mit Stolz auf das Ergebnis eines monumentalen Wandlungsprozesses blicken: Die Europäischen Union und das Wirtschaftsministerium des Landes M-V haben dieses Projekt mit einer 90 Prozent Förderung unterstützt. Strahlend schön ragt das weiß gestrichene Wasserschloss aus der Dorfkulisse heraus. In diesen Tagen ist es wieder ein offenes Haus: Für Kultur und Tourismus, für Einheimische wie Urlauber, für Kunst und Kommerz, für Laien wie Profis, für Jung und Alt. Das Konzept beschreibt Uwe Eichler so: „Wir sind nicht fertig und wollen nie fertig werden. Das Projekt soll sich ständig weiter entwickeln dürfen.“

Im Erdgeschoss befindet sich ein modernes Café-Restaurant mit einem elf-Meter-Tresen in 70er Jahre Vintageoptik. Die Spuren der Vergangenheit weilen in der ersten Etage, wo Ausstellungsräume noch weitgehend in ihrem ursprünglichem Zustand erhalten sind. Bei einem Rundgang erzählt Uwe Eichler von seiner Rolle als Raumpionier. 

„Ehrlich gesagt sehe ich uns gar nicht als Raumpioniere. Es ist einfach eine schöne Aufgabe, uns um diese Anlage zu kümmern, und das schon seit acht Jahren.“

Uwe Eichler

„Wir haben jahrelang ohne Heizung im Bad gelebt, haben nur mit Öfen geheizt und hatten kein fließendes Wasser in der Küche, war alles okay. Es ist ein ständiges Austarieren mit sich selbst in so einem alten und großen Haus, das hört nicht wirklich auf.“

Uwe Eichler

Uwe, das Café und das Haus sind wunderschön geworden. Wie geht es Dir/Euch jetzt, wo der Bauprozess überstanden ist? 

Jetzt ist es gut. Die Corona-Pandemie hat uns hart getroffen. Im Frühjahr 2020 waren wir gerade an einem Punkt angelangt, an dem wir das Café einrichten wollten, als plötzlich Corona aufkam und so konnten wir in keinen Laden oder Werkstatt rein, um uns Interieur auszusuchen. Also haben wir die Dinge teilweise am Telefon bestellt, ohne sie in Echt gesehen zu haben und nach und nach kamen Lampen, Tische, der Tresen. Der Kracher war der Kamin. Das hat den Raum unglaublich aufgewertet und es ist erstaunlich, wie viel Wärme er abgibt, selbst wenn nur zwei Holzscheite brennen. Künftig möchten wir gern ein Regal mit Produkten aus der Region aufstellen. 

Hast Du das Gefühl, dass ihr nun fertig seid? 

Nein, das war auch nie unser Ziel. Wir haben sechs Jahre lang mit 57 Firmen an diesem Restaurierungsprozess gearbeitet. Ich habe graue Haare bekommen über all den Ausschreibungen, die wir dafür tätigen mussten. Wir haben in der oberen Etage eine Ausstellung über die Geschichte des Hauses erstellt, der Dachboden ist ein Seminarraum geworden, der sogar über eine Dusche verfügt. Und hier unten haben wir einen Cafébetrieb als Ausflugslokal aufgebaut. Doch jetzt geht es erst richtig los und ich brüte über der Frage: Was soll hier nun entstehen? Wen werden wir künftig für diesen Ort begeistern können? Wir erfreuen uns an einem immer größeren Zulauf an Gästen, inzwischen sind einige von ihnen Stammkunden geworden. Unsere Idee, dass das Schloss auch für Einheimische als Arbeitsort sowie als Ausflugsziel ein Anziehungspunkt wird, scheint aufzugehen. 

Wie war das für Euch, hier als Raumpioniere aufs Land zu kommen?

Gut. Wir haben es uns ja ausgesucht. Wir wollten Ruhe und Abgeschiedenheit, nachdem wir jahrelang in Berlin gelebt haben. Der Deal war: Wir betreuen den Bauprozess und können danach mit der fertigen Anlage Geld verdienen. Es ist eine schöne Aufgabe sich um diese Anlage zu kümmern, und das schon seit acht Jahren. Dass wir damit etwas Neues in einem solchen Ausmaß entstehen lassen würden und zu Raumpionieren werden, war uns nicht bewusst. Aber es macht Spaß. 

Heißt ja auch nicht zwingend, dass ein Plan immer aufgeht. 

Stimmt. Das Projekt kann noch so toll sein, aber wenn man sich nicht wohl fühlt, bringt es nichts. Unser Dorf ist super. Die 80 Einwohner hier sind gut drauf, fast alle haben einen Hund, da sind wir schnell miteinander ins Gespräch gekommen und haben uns kennengelernt. Wir haben hier viel mehr zwischenmenschlichen Austausch als in Berlin. Das liegt sicherlich an dem Bauprozess, bei dem mit vielen Menschen zu tun hat – logischerweise. Aber wir bekommen auch oft Besuch von Freunden, die dann meist ein paar Tage bleiben. Von der Seite gibt es nichts zu beklagen. Wenn wir in Berlin waren für Absprachen mit Planern, war ich immer froh, anschließend gleich wieder mit dem Zug nach Quilow zu fahren.

Was hast Du über die Materie altes Haus gelernt?

Das Projekt und die Unterstützung der Stiftung Kulturerbe M-V haben mir unglaublich viele Einblicke in die Berufe gegeben, die sich mit der Rettung alter Gutshäuser beschäftigen. Ich habe viel gelernt. Man muss seine Bedürfnisse hinten anstellen können, wenn man in einem alten Haus leben will. Wir haben jahrelang ohne Heizung im Bad gelebt, drüben im Verwalterhaus, das wir jetzt an Gäste vermieten, nur mit Öfen geheizt. Wir hatten kein fließendes Wasser in der Küche, war alles okay. Es ist ein ständiges Austarieren mit sich selbst und seinen Ansprüchen, das hört nicht wirklich auf. 

Fehlt Dir hier was?

Ganz ehrlich: eine U-Bahn. Ich mag es nicht, dass ich ständig das Auto nutzen muss, um etwas zu erledigen.

Und kulinarisch?

Wir kommen ganz gut klar. ‚Weniger ist mehr‘, ist unser Motto, das gilt auch für unsere Speisekarte. Zwei Gerichte am Tag, davon eins vegetarisch, reichen aus unserer Sicht vollkommen aus. Wir sind sehr daran interessiert, lokale Produzenten zu finden, was nicht ganz einfach ist. Der ehemalige Bürgermeister aus Quilow versorgt uns mit Rindfleisch von seinen Kühen aus ökologischer Haltung. Unsere Nachbarn vom Gut Zinzow stellen ja auch vieles selbst her wie Liköre, sie züchten Schafe. Unsere Suche geht aber permanent weiter.

Gab es auch mal Momente, in denen ihr am liebsten hingeschmissen hättet?

Nein. Es waren auch nie das Wasserschloss selbst, das uns zugesetzt hat, sondern eher die teil schwierigen Umstände, wie anfangs mit dem Kaffeebetrieb. Wir hatten zu wenig Personal, aber einen starken Anlauf von Gästen, das hat uns etwas überwältigt. Oder als es mit den Ausschreibungen für die Baufirmen stressig wurde. In solchen Phasen war die Belastung für uns ungemein groß. Zum Glück haben keine Schulden aufgenommen, so bleiben wir frei in unseren Entscheidungen – wenn es notwendig werden sollte, eben auch die Freiheit, jederzeit die Koffer zu packen und zu gehen. Diese Gewissheit hilft uns, entspannt zu bleiben. 

Öffnungszeiten and Veranstaltungen

Montag bis Donnerstag geschlossen
Freitag: 14-22 Uhr
Samstag und Sonntag: 11 – 18 Uhr

Ausstellung im Obergeschoss über die Gutsherrenfamilie: Vier Schwestern, ein Tod, ein schwuler Rittmeister, der auf Quilow sein Zuhause findet. Wie beeinflussten die Menschen auf Quilow das Schloss? Etliche Anekdoten geben Besuchern Einblicke, in die erquickende Vergangenheit des Ortes.

Eintritt frei, Spenden sind willkommen. Für Gruppen sind geführte Touren möglich, nach Anmeldung.

Mehr Informationen auf der Webseite: www.wasserschloss-quilow.de

the next awesome festival of

baltic manors

will be on the

18th of June until the 19th of June

in the wonderful area of Mecklenburg-Vorpommern, Germany

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